Bestimmung parasitärer Elemente für Whitebox-Modelle zur effizienten EMV-Analyse

Veröffentlicht 06.12.2022

CST Studio Suite bietet die Möglichkeit, 3D-Modelle und Schaltungen in einer Co-Simulation zu kombinieren (s. Modulare EMV-Simulation im & mit System (cenit.com)). So können parasitäre Effekte, wie parasitäre Induktivitäten sowie Kapazitäten, die insbesondere bei hohen Frequenzen (also in der EMV) eine Rolle spielen, direkt in der Systemsimulation berücksichtigt werden. Lesen Sie hier, wie Sie einfach parasitäre Elemente zur Erstellung von Whitebox-Modellen bestimmen.

Redaktionsleitung
Dipl.-Ing. Nicole Meyer
Dipl.-Ing. Nicole Meyer
Senior Consulting 3DS-PLM | Redakteurin 3DS-PLM Technisches Magazin
Autor*in
Jochen Kinzig, Dipl.-Ing.
Dipl.-Ing. Jochen Kinzig
Consultant FEM 3DS-PLM

Parasitäre Effekte können in CST Microwave Studio im Rahmen einer 3D-Simulation direkt berücksichtigt werden. Dennoch besteht in einigen Fällen der Wunsch, ein sogenanntes Whitebox-Modell zu erstellen, das nur aus RLC-Elementen aufgebaut ist und dennoch den Impedanzverlauf und die S-Parameter ausreichend genau wiedergibt. Abbildung 1 zeigt ganz prinzipiell, wie ein solches Whitebox-Modell aus einer 3D-Geometrie abgeleitet werden kann. Oft wird die Struktur hierzu in Bereiche unterteilt, um beispielsweise die kapazitive Kopplung im Bereich von Kunststoffteilen (grüne Körper in der Abbildung) von der Kopplung in Luft zu unterscheiden. Für die einzelnen Bereiche müssen dann partielle Widerstände, partielle Induktivitäten sowie die Kapazitäten bestimmt werden, um diese im Netzwerkmodell richtig einsetzen zu können. 

Speziell die Abschätzung der partiellen Induktivität macht bei komplizierteren Geometrien Schwierigkeiten. Oft ist auch die Kapazität nicht einfach abzuschätzen. Für die partielle Induktivität wird häufig die Faustregel 1nH pro mm Leitungslänge angewendet, was aber eher für dünne Leiter gilt. Für die Abschätzung der Kapazität kommt meist die Analogie zum Plattenkondensator zum Einsatz. Hier werden allerdings Streuanteile vernachlässigt, was bei dünnen Strukturen einen größeren Fehler verursacht.

Hier kann die 3D-Simulation mit CST Studio Suite helfen, die partiellen Induktivitäten sowie Kapazitäten genauer zu bestimmen. Mit dem sogenannten Partial RLC Solver können einzelne Leitersegmente partiell betrachtet werden. Abbildung 2 zeigt, wie dies in CST Studio umgesetzt wird. Die rot dargestellten Flächen werden als Quelle und Senke betrachtet. Die Berechnung selbst läuft sehr schnell und die Parameter für das RLC-Netzwerk werden als Ergebnis herausgegeben.

Zu finden ist der Partial RLC-Solver über die „Project Templates“. Abbildung 3 zeigt, wo der entsprechende Workflow in CST Studio Suite zu finden ist. Neben der Berechnung der partiellen Induktivitäten und Kapazitäten besitzt der Partial RLC Solver auch die Möglichkeit, automatisch eine Netlist zu erstellen. Wird diese für eine einzelne Frequenz erstellt, ist sie sogar „human readable“, kann also vom Anwender interpretiert werden. 

Im Folgenden wird die Variante beschrieben, in der ein manuell erstelltes Whitebox-Modell mit den vom Partial RLC Solver berechneten Induktivitäten und Kapazitäten befüllt wird.

Abbildung 4 zeigt, dass mit dieser einfachen Vorgehensweise sehr schnell Whitebox-Modelle aufgebaut werden können, die eine sehr gute Übereinstimmung zum 3D-Modell haben. In der Abbildung wird die Differential Mode Impedanz aus der Whitebox Modellierung mit der aus dem 3D Modell verglichen. Links ist das Ergebnis gezeigt, wenn partielle Induktivität und Kapazität mit den anfangs genannten Schätzungsmethoden abgeschätzt werden. Das Ergebnis aus dem 3D-Modell ist die grüne Kurve, das abgeschätzte Whitebox-Modell die blaue. Insbesondere die Induktivität weicht hier deutlich ab. 
Rechts in der Abbildung zeigt die rote Kurve das Ergebnis, wenn die Elemente im Whitebox-Modell mit den Daten aus dem Partial RLC-Solver bedatet werden. Hier werden neben der Induktivität sogar die Resonanzfrequenzen hervorragend abgebildet.

 

Sie möchten den Partial RLC-Solver in CST-Studio Suite testen oder haben Fragen zur prinzipiellen Vorgehensweise bei der Erstellung von Whitebox-Modellen in CST-Studio Suite? Sprechen Sie uns an!

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