Das Abaqus OEBT-Plug-in: Flexible Reduktion von FEM-Ergebnisdateien

Veröffentlicht 15.03.2021

Mit dem OEBT-Plug-in speichern Sie die als relevant ausgefilterten Berechnungsergebnisse in einer reduzierten ODB-Datei ohne eine neue Berechnung starten zu müssen. Nicht immer ist im Vorfeld der qualitative Verlauf der Verschiebungen und Spannungen in einem mechanischen Modell bekannt, so dass für die Analyse des Modells häufig field outputs angefordert werden. Mit field outputs können die Zustandsgrößen an jedem Finite-Elemente-Knoten abgefragt werden. Sind die Positionen von extremen Spannungen und Verschiebungen bekannt, könnten in einem erneuten Berechnungslauf mit history output requests gezielt nur die wesentlichen Ergebnisse in der ODB-Datei abgespeichert werden.

Redaktionsleitung
Dipl.-Ing. Nicole Meyer
Dipl.-Ing. Nicole Meyer
Senior Consulting 3DS-PLM | Redakteurin 3DS-PLM Technisches Magazin
Autor*in
Sven Reinstädler, Dr.-Ing.
Dr.-Ing. Sven Reinstädler
Consultant FEM 3DS-PLM

Da einzelne Berechnungsläufe aber mehrere Stunden bis Tage in Anspruch nehmen können ist ein derartiges Vorgehen nicht effizient. Insbesondere wenn man bedenkt, dass mit einer zweiten Berechnung mehrere Token reserviert sind, die dadurch für andere numerische Analysen nicht zur Verfügung stehen. Effizienter ist es aus der bereits erstellten ODB-Datei gezielt einzelne Berechnungsergebnisse in eine neue, reduzierte ODB-Datei zu schreiben. Dazu hat Dassault Systèmes das OEBT Plug-in entwickelt, das ich Ihnen im Folgenden näher vorstellen möchte.
Betrachten wir zuerst die wesentlichen Vorteile einer Datenreduktion. Zunächst einmal können Kosten für Speichermedien eingespart werden. Beachtet man, dass Ergebnisdateien schnell mehrere Gigabyte groß werden können, wenn Berechnungsergebnisse für die Gesamtheit der Finite-Elemente-Knoten herausgeschrieben werden, ist eine Datenreduktion bereits aus Sicht des erforderlichen Speichers interessant, auch wenn Speichermedien zunehmend kompakter und günstiger werden. Hierbei ist zu beachten, dass mit dem OEBT Plug-in nicht nur Ergebnisse für ausgewählte Finite-Elemente-Knoten abgespeichert werden können, man kann sie auch auf ein kleines Zeitfenster reduzieren. Dies ist ein weiterer Vorteil, berücksichtigt man, dass das Einlesen von sehr großen ODB-Dateien 1/2 Stunde und darüber hinaus dauern kann insofern man auch öfter auf die Ergebnisse von Finite-Elemente-Analysen zugreifen muss. Mit dem OEBT Plug-in können Berechnungsergebnisse gezielt für einzelne Bauteile einer komplexen Struktur abgespeichert werden. Man kann die Ergebnisse auch auf die Werkstoffbereiche beschränken, die zur Analyse einer untergeordneten Baugruppe erforderlich sind. Dies wirkt sich auch positiv auf die Einarbeitungszeit Dritter aus. Ein weiterer Vorteil liegt im Datenaustausch, der schneller und auf mehreren Wegen erfolgen kann, wenn die ODB-Datei eine gewisse Größe nicht überschreitet.

Das OEBT Plug-in liegt derzeit in der Version V2.2.0 vor. Bei der zweiten Version ist ein GUI (Graphical User Interface) implementiert, um die Bedienung des Plug-in zu vereinfachen. Die Anwendung wird im Folgenden am Beispiel einer Nietverbindung im Detail dargestellt.

Die CAE-Datei der Nietverbindung "doc_lap_joint_2018.cae" stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung, wenn Sie die dargestellten Schritte schnell nachvollziehen möchten. Die CAE-Datei ist auf Basis des Python-Skriptes "gsi_lap_joint_caemodel.py" erstellt, mit dem das Finite-Elemente-Modell angelegt ist. Es ist Bestandteil der Grundlagenschulung Getting Started with Abaqus/CAE und kann über Install Courses (siehe Abb. 1) abgerufen werden.

Das Finite-Elemente-Modell modelliert zwei Aluminiumbleche, die mit einem Niet aus Titan miteinander verbunden sind (siehe Abb. 2). Abgesehen vom Initial Step sind zwei Steps angelegt, mit denen das Modell weggesteuert verformt wird. Während im ersten Step mit CDISP, CF, CSTRESS, LE, PE, PEEQ, PEMAG, RF, S, und U eine Vielzahl an Zustandsgrößen für das gesamte Modell angefordert wird, ist im zweiten Step der Field-Output-Request auf LE, PE, S und U bereits reduziert. In beiden Steps werden die jeweils angeforderten Zustandsgrößen für jedes Berechnungsinkrement abgelegt. Mit der Berechnung sind im ersten Step zehn, im zweiten Step sechs Frames in der zu reduzierenden ODB-Datei angelegt, für jedes Berechnungsinkrement ein Frame.

Das GUI des OEBT Plug-in wird im Abaqus-Modul Visualization über das Hauptmenü aufgerufen (siehe Abb. 3). An dieser Stelle ist auf das NVH Plug-in hingewiesen, mit dem die Dynamik von Strukturen im Frequenzbereich analysiert werden kann. Es ist im Artikel Strukturdynamik - Abaqus und sein NVH-Tool näher beschrieben.

In der ODB Extractor and Builder Dialogbox kann man in den Feldern Model Features und Result Features zunächst ganz grundlegend einstellen, welche Art von Modelldaten man in der reduzierten ODB-Datei künftig abrufen kann - Geometriedaten und Materialparameter und/oder Berechnungsergebnisse. Daraus resultierend werden die jeweils zugehörigen Registerkarten aktiv oder inaktiv angezeigt. Liegt bereits eine JSON-Datei vor, mit der die Extraktion alternativ konfiguriert werden kann, können frühere Einstellungen schnell erneut angewendet werden. Die JSON-Datei ist erforderlich, wenn die Extraktion alternativ mit

über eine Kommandozeile gestartet werden soll. Da die Konfiguration der JSON-Datei über das vorgestellte GUI komfortabler ist, wird an dieser Stelle nicht weiter auf die JSON-Datei eingegangen. Nähere Informationen zur JSON-Datei finden Sie in der Dokumentation von Austin Cox, die wir Ihnen ebenfalls gerne zukommen lassen. Zurück zur Dialogbox – im Feld odb name append können Sie das Suffix angeben, mit dem die reduzierte ODB-Datei versehen wird.

 

Die Registerkarte Mesh ist stets aktiv. Mit der Option Currently Displayed speichern Sie den Teil des Finite-Elemente-Modells ab, der aktuell im Arbeitsbereich dargestellt ist. Was im Arbeitsbereich dargestellt ist, wird komfortabel über die Funktion Create Display Group eingestellt (siehe Abb. 4). In der zugehörigen Dialogbox können mit Item > Part instances schnell einzelne Bestandteile des Produktes herausgefiltert werden. Da Bereiche mit erhöhter Beanspruchung in der Regel von besonderem Interesse sind, ist hier noch auf die Selektionsmethode Item > Elements > Result value hingewiesen. Mit Result value können Sie die finiten Elemente darstellen, die innerhalb eines bestimmten Wertebereichs einer frei wählbaren Zustandsgröße liegen.

Betrachten wir nun die zweite Registerkarte. Die Art und Anzahl der Sets, die Sie extrahieren (Node Sets, Element Sets, Surface Sets) wird in den meisten Fällen von untergeordneter Bedeutung sein, so dass ich gleich zur Registerkarte Properties wechsle (siehe Abb. 5). Hier ist die mittlere Spalte hervorzuheben. Mit dem OEBT Plug-in können Sie Materialbereiche, die zum Verständnis eines Teilmodells nicht erforderlich sind, ausblenden. Schaltet man unter Materials auf Nullify Selected um, sind die ausgewählten Materialien in der reduzierten ODB-Datei nicht mehr sichtbar.
 

Haben Sie kein anisotropes Material, keine laminare Struktur und auch keine Schale, sollte der Reiter Datums nicht weiter von Interesse sein, so dass ich gleich auf die Berechnungsergebnisse näher eingehe. Den allgemein gültigen Fall hat man, wenn man unter Steps and Frames auf Select Below umschaltet (siehe Abb. 6). Zunächst wählt man den Step und dann den Frame aus zu dem man Berechnungsergebnisse extrahieren möchte. Wenn dann anschließend die Schaltfläche Update frame selection gedrückt wird, wird die Auswahl im Bereich Current individually selected Steps / Frames angezeigt.

Sind die relevanten Steps und Frames ausgewählt, können mit der Registerkarte Field Outputs die zu erhaltenden Zustandsgrößen zugewiesen werden (siehe Abb. 7). Auch hier bestätigt das GUI die Auswahl im unteren Bereich der Registerkarte. Da ein History Output (Zeitverlauf einer Zustandsgröße an einem Punkt) gegenüber einem Field Output viel weniger Speicher in Anspruch nimmt, können entweder alle History Output Requests in der reduzierten ODB-Datei berücksichtigt werden oder keiner. Dies ist bereits mit der Aktivierung beziehungsweise der Deaktivierung von History Outputs festgelegt, so dass die zugehörige Registerkarte nicht weiter besprochen wird.

Mit der zunehmenden Größe von Finite-Elemente-Modellen und deren Ergebnisdateien sollte das OEBT Plug-in ein nützliches Werkzeug für Sie sein. Es ist über die "Simulia Learning Community" erhältlich. Alternativ können Sie auch gerne unseren Fach-Vertrieb ansprechen. Er wird Ihnen die erforderlichen Dateien, zusammengefasst im Ordner "OEBT_v2.2.0.zip", einschließlich Dokumentation und Beispiel, gerne zukommen lassen. Zur Installation extrahieren Sie den gezippten Ordner einfach in das Abaqus-Plug-in-Verzeichnis (vergleiche Abb. 8). Hinweis: Kompatibilität ist ab der Abaqus/CAE-Version 2018HF3 gegeben (ältere Versionen sind nicht getestet).

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