Model-Based Systems Engineering und Nachhaltigkeit: Mehr als ein Buzzword?


VERFLECHTUNGSPUNKTE ZWISCHEN NACHHALTIGEM PRODUKT DESIGN UND MBSE

Auf den Begriff Nachhaltigkeit stoßen wir im privaten Leben sowie in der Produktentwicklung häufiger. Die Verknappung wichtiger Naturressourcen nimmt zu und hat zur Folge, dass die Maßnahmen für nachhaltige Produktentwicklung immer dringender werden. Schlagwörter wie Circular Economy/Kreislaufwirtschaft, Ökodesign sind in aller Munde. Aber welche konkreten Auswirkungen haben sie auf die Produktentwicklung?
„Die Kreislaufwirtschaft ist ein Modell der Produktion und des Verbrauchs, bei dem bestehende Materialien und Produkte so lange wie möglich geteilt, geleast, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und recycelt werden.“ [1]
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz gibt der Industrie die gesetzlichen Rahmenparameter für eine ressourcenschonende und nachhaltige Industrie vor. Darin wird die Industrie angehalten, Abfallvermeidungsmaßnahmen zu ergreifen und Ökodesign zu forcieren [2]. Ökodesign zielt darauf ab, Umweltaspekte bereits im Produktdesign zu berücksichtigen. Es soll dadurch die Umweltbilanz des Produkts über den gesamten Lebenszyklus hinweg verbessert werden. Um sämtliche Umweltauswirkungen, die während der Produktion, der Nutzungsphase und der Entsorgung entstehen, zu analysieren, gibt es systematische Methoden wie die Ökobilanz ("Life Cycle Assessment"). Darin werden auch alle damit verbundenen vor- und nachgeschalteten Prozesse, z.B. die Herstellung der Rohstoffe, berücksichtigt [3].
Zur Ökobilanz gehört:
- Definition der Systemgrenze
- Bestimmung der Funktionen des Systems
- Ein- und ausgehende Stoff-/und Energieströme wie Ressourcen, Materialien, Emissionen und Abfälle
ÖKODESIGN MIT MBSE: DEN ÜBERBLICK BEHALTEN
Systems Engineering legt den Schwerpunkt auf das Betrachten des Systems über den gesamten Lebenszyklus. Dies betrifft hauptsächlich die frühen Phasen, welche mit der Ausarbeitung der Produktidee anfängt. Hier werden die Systemgrenzen definiert, an denen der Austausch zwischen den externen Systemen und Akteuren (z.B. Betreibern, Wartungsarbeitern, End-Benutzern) beschrieben und modelliert wird.
„…mehr als 80 % der Umweltauswirkungen energieverbrauchsrelevanter Produkte in der Gestaltungsphase bestimmt werden“ [4]
MBSE unterstütz das Ökodesign, in dem eingehende und ausgehende Ströme zwischen dem System und seiner Umgebung (ab dem Beginn der Gestaltungsphase) berücksichtigt werden. Individuelle Anwendungsfälle sind ausgearbeitet und mit den funktionalen Architekturen detailliert. Die funktionale Architektur während der Wartung unterscheidet sich im Anwendungsfall von der beim Aktiven Betrieb. Die funktionale Architektur beinhaltet die einzelne Funktionen des Systems, die externen Systeme und Akteure sowie die Energie-, Material- und Informationsflüsse zwischen den einzelnen Funktionen. Die Funktionen, die in der ersten Phase des Ökobilanzierungsprozesses bestimmt wurden, sind in der funktionalen Architektur des Systems mitberücksichtigt.
UMWELTAUSWIRKUNGEN UND DIE QUANTITATIVE VERIFIZIERUNG DER ANFORDERUNGEN
Im Kern ist das Ziel des Ökodesigns, wenige Rohstoffe bei der Herstellung des Produktes zu verwenden sowie einen geringen Energieverbrauch über den gesamten Lebezyklus zu gewährleisten. Diese Voraussetzungen werden in den Produkt-Anforderungen beschrieben. Mengenmerkmale eines Produktes, wie Energieverbrauch oder Masse, können mit MBSE auf der gesamten Produktebene bis hin zu den Einzelteilen berechnet werden. Somit kann das ganze System granuliert betrachtet und die Anforderungen frühzeitig verifiziert werden.
TRADE STUDIEN VERGLEICHEN LÖSUNGSOPTIONEN
Es ist häufig der Fall, dass es mehrere Lösungsoptionen für Subsysteme und Produktkomponenten gibt. Um die optimalste Konfiguration des Produkts zu bestimmen, müssen diese Lösungsoptionen miteinander verglichen werden.
Betrachten wir als Beispiel ein Batterie System. Die Anforderungen an das System sind:
- Das Endprodukt darf nicht mehr als 700 kg wiegen
- Die gesamt Ladezeit darf 25 Minuten nicht überschreiten
KONZEPT DES BATTERIE SYSTEMS
Das Batterie System kann aus einer beliebigen Anzahl von Zellen bestehen, welche seriell oder parallel zueinander angeordnet sind.
Es ist zu ermitteln, wie viele Zellen mit welcher Konfiguration nötig sind, um alle Anforderungen zu erfüllen. Um die optimale Lösung auszuwählen, verwenden wir Trade Studien.
MBSE bietet hier Datenkonsistenz und Durchgängigkeit. Der Ladeprozess wird mittels eines dynamischen Verhaltensmodells (z.B. mit DYMOLA) simuliert. Die Ergebnisse der Verhaltenssimulation werden im MBSE Tool wie beispielsweise dem Magic Cyber Systems Engineer, übertragen. Das MBSE Tool gleicht die Ergebnisse ab und zeigt, welche der Konfigurationen die Anforderungen erfüllen.
MBSE, UM DIE KOMPLEXITÄT ZU BEHERRSCHEN
Nachhaltige Produktentwicklung und MBSE sind die aktuellen Themen mit denen wir uns heute beschäftigen. Produkte werden immer komplexer, die Anforderungen an Nachhaltigkeitsmaßnahmen nehmen zu. Als Folge steigt die Anzahl der Anforderungen rasant an.
Darüber hinaus ist die Notwendigkeit, die Umweltauswirkungen über den gesamten Produktlebenszyklus zu berücksichtigen, gesetzlich im Kreiswirtschaftsgesetz vorgeschrieben. Die Anwendung von MBSE ist ein entscheidender Faktor, um die Komplexität der heutigen mechatronischen Produkte zu beherrschen. Die vielfältigen Modellierungsmöglichkeiten von MBSE ermöglichen die Nachhaltigkeitsmaßnahmen über den gesamten Produktlebenszyklus im Produkt zu berücksichtigen und frühzeitig zu bewerten.
Das Portfolio von Dassault Systèmes bietet zahlreiche Möglichkeiten, Produkte nach Ökodesignprozessen zu gestalten und anhand der 3DEXPERIENCE PLM-Plattform über den gesamten Lebenszyklus hinaus zu verwalten. CATIA Magic Portfolio bietet zudem zahlreiche Werkzeuge, welche in der 3DEXPERIENCE Plattform integriert sind, um die Produktarchitektur zu gestalten, das Produktverhalten frühzeitig zu definieren, Fehler rechtzeitig zu identifizieren und zu validieren.
Referenzen
[1] Europäisches Parlament (2022) „Kreislaufwirtschaft: Definition und Vorteile”. URL: https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/economy/20151201STO05603/kreislaufwirtschaft-definition-und-vorteile
[2] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2020) “Kreislaufwirtschaftsgesetz: Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen“. URL: https://www.bmuv.de/gesetz/kreislaufwirtschaftsgesetz#:~:text=Das%20Kreislaufwirtschaftsgesetz%20trat%20am%201,und%20Bewirtschaftung%20von%20Abf%C3%A4llen%20sicherzustellen.
[3] Ilg, R (2022): „Ökobilanzierung: Eine Methodik für den gesamten Lebensweg“. URL: https://www.ibp.fraunhofer.de/de/kompetenzen/ganzheitliche-bilanzierung/methoden-ganzheitliche-bilanzierung/oekobilanzierung.html#:~:text=Die%20%C3%96kobilanz%20(engl.,der%20Wiege%20bis%20zur%20Bahre%C2%AB.
[4] Ries, F. (2018). „Bericht über die Umsetzung der Ökodesign-Richtlinie (2009/125/EG) (2017/2087(INI))“. URL: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-8-2018-0165_DE.html?redirect
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