Lange Zeit war die Simulation eine Nische, die sich gegen allerlei Vorurteile und Zweifel hat behaupten müssen. Die allgemeine Akzeptanz der Computersimulation als virtuellem Testlabor und der Trend, den Produktentwicklungsprozess immer weiter zu beschleunigen, stellen Berechnungsabteilungen heute vor ganz neue Herausforderungen. Mit Schlagwörtern wie Simulation-Driven-Design, Systems-Engineering und dem Anspruch der Produktoptimierung wachsen die Problemstellungen und Anfragen an die Simulationsexperten schneller, als die Personalentwicklung es zulässt.
Neue Themenbereiche mit entsprechenden Methoden müssen erarbeitet werden, während nebenbei das Tagesgeschäft immer weiter zunimmt, da physikalische Tests beinahe gänzlich durch die Simulation ersetzt wurden.
Dazu kommen die unvermeidlichen Iterationsschleifen zwischen Konstrukteur und Simulationsexperte. Das Ergebnis dieser Situation: Unternehmen müssen sich darauf beschränken, Schlüsselbauteile rechnerisch auszulegen.
Der Wunsch der ganzheitlichen Betrachtung von Baugruppen sowie Innovation und Kreativität im Konstruktionsprozess müssen hinter den überkommenen Ansätzen der Dimensionierung aus Erfahrung und Bauchgefühl zurückstehen.
Kann der Konstrukteur Simulationsaufgaben übernehmen?
Es stellt sich die Frage, wie man mit den neuen Herausforderungen umgeht und wie Arbeitsabläufe zwischen Simulation und Konstruktion verbessert werden können.
Meiner Meinung nach muss sich das Selbstverständnis der beteiligten Abteilungen verändern. Historisch bedingt ist die Simulation ein Gebiet für Experten, welches langjährige Ausbildung und Einarbeitung in die entsprechenden Softwarelösungen voraussetzt. Das gilt natürlich weiterhin, insbesondere in Hinblick auf anspruchsvolle Anwendungsgebiete wie gekoppelte, multiphysikalische Simulationsansätze.
Jedoch sind viele Fragestellungen, zum Beispiel im strukturmechanischen Bereich der Komponentenauslegung soweit standardisiert, dass einfache Berechnungsaufgaben wie Knicklasten und Spannungsuntersuchungen kein Expertenwissen mehr erfordern. Der Kreis der Simulationsanwender kann und sollte demzufolge wachsen und die Einstiegshürde ist nun nicht mehr unbedingt das benötigte Know-how, sondern eher die Zugänglichkeit und Bedienbarkeit der Softwarepakete.
Das haben die Softwarehersteller auch als Wachstumsmarkt identifiziert und adressieren unter den Schlagworten "Demokratisierung der Simulation" und "Skalierbarkeit" Anwender außerhalb der Expertengruppe. Doch was genau kann man sich darunter vorstellen?
Den Konstrukteuren wird ein Simulationswerkzeug mit begrenztem funktionalen Umfang an die Hand gegeben, mit dem Designideen auf Bauteilebene und auch im -verbund direkt überprüft werden können.
Die Software unterstützt und begleitet die Modellerstellung
Damit entfällt der zeitraubende Austausch mit der Berechnungsabteilung und schützt diese wiederum vor Überlastung durch Standardaufgaben. Wichtig ist, dass dieses Konzept, ohne tiefgreifende technische Hintergründe seitens der Konstrukteure, aussagekräftige und zuverlässige Ergebnisse produziert. Um dies zu gewährleisten, verfolgt man auf der 3DEXPERIENCE Plattform unterschiedlichste Ansätze.
Die wohl intuitivste Vorgehensweise sind von der Software bereitgestellte Simulationsassistenten, die den Anwender durch den Modellaufbau leiten und optisch Rückmeldung über fehlende Komponenten geben.
Schritt für Schritt wird der Anwender durch die benötigten Abstraktionsebenen geführt, um letztendlich ein gut gestelltes Randwertproblem zu erzeugen und die Realität möglichst akkurat zu idealisieren.
Da sich die Aufgaben zwischen den Industriezweigen stark unterscheiden, sind die Assistenten jedoch nicht besonders spezifisch. Hier eröffnen automatisierte Prozessabläufe mit vordefinierten Prozessparametern neue Möglichkeiten.
Diese Simulationsvorlagen können von Simulationsexperten konzipiert, erstellt und im Anschluss der breiten Anwenderbasis zur Verfügung gestellt werden. Hinter einer auf den Anwenderkreis zugeschnittenen Eingabemaske befinden sich in der Komplexität unbeschränkte, automatisierte Arbeitsabläufe, die weit über den Umfang einfacher Spannungsnachweise hinausgehen können.
Datendurchgängigkeit sorgt auch bei der Simulation für mehr Arbeitseffizienz
Eine Auflistung der Prozess- und Ausgabeparameter hilft den Konstrukteuren, Designvariationen nach unterschiedlichsten Kriterien zu bewerten und früh im Produktenwicklungsprozess optimierte Geometrien zu generieren, welche auf objektiven mathematischen Methoden und nicht auf subjektiven Erfahrungswerten basiert.
Im fortgeschrittenen Produktentwicklungszyklus greift der Simulationsexperte schlussendlich auf die hinterlegten Simulationsdaten zurück und erweitert diese für die finale Validierung im Gesamtsystem. Diese Interoperabilität wird durch die objektbasierte Datenverwaltung der 3DEXPERIENCE Plattform ermöglicht.
Um im stetigen Wandel nicht abgehängt zu werden, ist es also wichtig, die klassische Aufgabenteilung zu lockern und die Konstruktion mit der Simulation besser zu verzahnen.
Designer sollten sich nicht scheuen über ihren Tellerrand hinaus mathematische Methoden in die Arbeitsabläufe zu integrieren. Gleichermaßen müssen sich die Simulationsexperten weiterentwickeln, denn das Tagesgeschäft wird sich auf komplexe Berechnungsaufgaben beschränken.
So sehe ich ihre zukünftigen Aufgaben im Bereich der Methodenentwicklung, um neue Themengebiete zu erschließen, und im Bereitstellen und Betreuen von vorgefertigten Simulationstemplates für die fachfremden Kolleginnen und Kollegen.
Die dadurch erweiterte Bandbreite an Simulationskompetenz eröffnet neue Möglichkeiten im Produktentwicklungsprozess und verbessert das interdisziplinäre Verständnis der beteiligten Abteilungen.
Gerne informieren wir Sie im Detail über Chancen und Mehrwerte der demokratisierten Simulation.