Konstruktion, Modellierung, Simulation: Eine digitale Einheit, die Unterschiede braucht

Wer simulationsgetriebene Konstruktion realisieren will, muss die Mitarbeitenden gemäß ihren Aufgaben mit den richtigen digitalen Rollen und Werkzeugen ausstatten, rät Dr. Martin Küssner

Veröffentlicht 08.11.2022

Die digitale Transformation mit Hilfe der Simulation ist im vollen Gange. Ihre Bedeutung für die gesamte Wertschöpfung wird stark zunehmen – man denke nur an das Konzept des digitalen Zwillings. Als Entscheider mit Prozessverantwortung fällt Ihnen die Aufgabe zu, die Veränderungen erfolgreich zu steuern. Dr. Martin Küssner, CENIT Manager Specialist Sales, regt in seinem Artikel dazu an, Zielsetzungen und Wertbeiträge in der Simulation trennscharf abzugrenzen. Erst mit dem Bewusstsein für die Unterschiede lässt sich eine wertsteigernde digitale Zusammenarbeit implementieren.

Konstruktion, Modellierung, Simulation: Eine digitale Einheit, die Unterschiede braucht

Es ist ein Thema, das vielfach diskutiert wird und das mit unterschiedlichen Schlagworten daherkommt: Konstruktionsnahe Simulation, „Frontloading“ oder auch „Simulation für Designer“. Oft liest man auch über „Demokratisierung der Simulation“ oder MODSIM, ein Akronym aus Modellierung und Simulation.

Was verbirgt sich hinter all diesen Schlagwörtern und wo liegt der Mehrwert des Konzepts für die Wertschöpfungskette? Wir versuchen hier etwas Klarheit zu schaffen.

Nicht alle, die von Simulation sprechen, meinen dasselbe

Erst einmal müssen wir klarstellen, wozu Simulation eigentlich dient. Simulation gibt Einblick. Mehr nicht. Einblick in Produkte oder Prozesse, auch wenn diese noch gar nicht physisch existieren.

Dieser „Einblick“ kann auf verschiedenen Ebenen der Abstraktion erfolgen. Jede Ebene steht für eine andere Perspektive. Die Beobachtung bezieht sich also auf unterschiedliche Phasen der Wertschöpfungskette und wird von anderen Beteiligten gebraucht.

„Die“ Simulation gibt es somit nicht. So kann Simulation des Verhaltens von Produkten oder deren Entstehung auf Systemebene erfolgen, wenn die Komponenten und Subkomponenten ausschließlich durch ihr Verhalten, aber nicht durch ihre dreidimensionale Umsetzung repräsentiert sind. Diese Disziplin wird modellbasierte Systemsimulation genannt.

Simulation kann aber auch auf Ebene der dreidimensional auskonstruierten Komponenten und Subkomponenten erfolgen. Diese dreidimensionale Simulation wird „normalerweise“ als Simulation bezeichnet und spannt sich genauso wie die Systemsimulation über verschiedenste physikalische Disziplinen.

Die Simulationsmethode muss zur Fragestellung passen

Welche Ebene der Abstraktion ist besser? Die Antwort gibt eine Analogie aus der Kartographie. Welche Karte ist besser – ein Straßenatlas oder ein Stadtplan? Ganz klar – je nachdem, welcher Einblick in die Geographie benötigt wird.

Simulation auf Systemebene oder auf dreidimensional ausmodellierten Modellen sind unterschiedliche Grade der Abstraktion – es gibt hier kein „besser“ oder „schlechter“, so wie der Straßenatlas genauso seine Berechtigung hat wie der Stadtplan.

Jetzt spannen wir den Bogen zur „Demokratisierung“ der Simulation. Es ist richtig, dass mit Hilfe von verbesserter Software die Bedienungsfreundlichkeit der Simulationsprogramme verbessert wurde und somit mehr Ingenieurinnen und Ingenieure simulieren können. Somit trifft das Wort von der „Demokratisierung“ zu.

Was aber in dieser Bezeichnung zu kurz kommt, ist die Frage, auf welcher Ebene die Simulation stattfindet und was das Ziel der Simulation der jeweiligen am Wertschöpfungsprozess beteiligten Gruppen ist.

Konstruktive Verbesserung versus Validierung für die Fertigung und Nutzung

Viele machen heute Simulation, sie verfolgen dabei aber ganz unterschiedliche Ziele. Es wird oft der Eindruck erweckt, als würde mit der „Demokratisierung“ die Disziplin der Simulation von den Berechnungsexperten auf die Konstrukteure übertragen. Diesem generellen Eindruck muss in seiner Allgemeinheit widersprochen werden.

Zwar ist es richtig, dass sich manche komplexe Simulationsabläufe automatisieren lassen und somit auch Mitarbeitenden ohne CAE-Expertise (Computer Aided Eningeering) zugänglich sind. Wenn wir aber die eigentlich korrekte Bezeichnung für die Nutzung von Simulation in der Konstruktionsabteilung wählen, wird das Wesen dieser Nutzung deutlich: simulationsgetriebene Konstruktion. Im Mittelpunkt bleibt die Konstruktion, die Simulation ist nur ein Werkzeug, die Konstruktion noch besser zu machen.

Es geht also darum, Konstruktionsentscheidungen immer früher durch Simulation zu unterstützen und nicht um Validierung. Der Simulationsexperte hingegen fällt keine Konstruktionsentscheidungen, sondern validiert die Konstruktion. Eine ganz andere Zielsetzung! Konstrukteure und Simulationsexperten mögen die gleichen Werkzeuge nutzen, aber das Ziel der jeweiligen Simulation ist ein ganz anderes.

MODSIM verkürzt die Wege im Wertschöpfungsprozess – ein Beispiel aus der Praxis

Beispiel: Wenn ein Konstrukteur einen Druckbehälter entwirft, ist es ein sehr hilfreicher Schritt, diesen Druckbehälter mit einer Drucklast zu beaufschlagen und eine abschätzende Simulation durchzuführen.

Quantitativ richtige Spannungswerte sind in der simulationsgetriebenen Konstruktion nicht zu erwarten – wie denn auch, während der Konstruktionsprozess andauert, sind die genauen Drücke noch unbekannt.

Wenn aber das Ergebnis als qualitative Untersuchung angesehen wird und an bestimmten Stellen Spannungskonzentrationen auftreten, dann kann der Konstrukteur diese durch geeignete Konstruktionsänderungen beseitigen. Es ist offensichtlich, dass dadurch die Konstruktion verbessert wird, ohne dass es der quantitativ richtigen Spannungen bedarf.

Der Simulationsexperte hätte die ungewollten Spannungskonzentrationen ebenso entdeckt und den Konstrukteur zur Nacharbeit aufgefordert – nun kann sich der Simulationsexperte den Problemen widmen, die nicht so schnell zu erkennen sind und die sein Fachwissen fordern, um das Produkt zu validieren.

Die Schleifen zwischen Konstruktion und Simulation werden weniger, der Wertschöpfungsprozess wird schneller.

Ihr Weg zur wirksamen digitalen Kollaboration in der Simulation

Wichtig bei der simulationsgetriebene Konstruktion ist die enge Verbindung zu CAD, damit der Konstrukteur ohne Bruch direkt aus seinem CAD-Werkzeug eine Simulation starten kann.

Sowohl in Catia V5 als auch in der 3DEXPERIENCE Plattform von Dassault Systèmes wird die simulationsgetriebene Konstruktion in unterschiedlichen Ausbaustufen angeboten. Von einfacher, linear-elastischer Einzelteilanalyse bis hin zur vollen Funktionalität von Abaqus.

Welche Ausbaustufe geeignet ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Die CENIT ist stolz darauf, vielen Kunden durch fachliche Beratung die Möglichkeiten der simulationsgetriebenen Konstruktion ermöglicht zu haben.

Dabei nehmen wir die Prozesse genau in den Blick und starten mit einer Beratung und gemeinsamen Definition des Zielbilds. Wir klären, welche Rollen und Verantwortungen es im Unternehmen für die Simulation geben soll. Auf dieser Basis lässt sich ableiten, wie die digitale Kollaboration in der Simulation umzusetzen ist.

Durch die simulationsgetriebene Konstruktion verschwimmt die Grenze zwischen Konstruktion und Simulation und alle am Wertschöpfungsprozess Beteiligten fügen sich nahtlos in das ein, was die Zukunft der Wertschöpfung ist: Simulation als Herzstück der Digitalisierung.

MODSIM mit der 3DEXPERIENCE Plattform – Die Vorteile für Ihr Unternehmen

Das Wort MODSIM ist zusammengesetzt aus den Begriffen Modellierung und Simulation. Man bezeichnet damit einen kollaborativen und durchgehenden Einsatz von Simulation im Engineering. Die CAD- und CAE-Prozesse sind optimal vernetzt – sowohl auf Datenebene als auch in der Zusammenarbeit der Mitarbeitenden.

Die 3DEXPERIENCE Plattform integriert alle Aufgaben der Produktentstehung in einem System und bettet die konstruktionsnahe Simulation bzw. MODSIM somit von vornherein in das PLM-System ein.

Vorteile von MODSIM mit der 3DEXPERIENCE Plattform

  • Produktiv und mit den richtigen Daten arbeiten: Simulation und Modellierung sind in einer einheitlichen Umgebung mit jederzeit aktuellen Daten (single source of truth) direkt verknüpft.
    • Simulation baut den digitalen Zwilling mit auf: Die Einbettung von MODSIM in das PLM-System integriert die Simulation in die End-to-End-Prozesse von Innovations- und Optimierungszyklen.
  • Schneller validieren: Neue Produkte sind schneller am Markt, weil die Weg zur Validierung direkter sind.
  • Reduzierte Entwicklungskosten: Die produktiveren Abläufen und der minimierte Einsatz von physischen Prototypen zahlt sich für die KPIs der Entwicklungsabteilung aus.

 

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