Experience Economy im Kontext der „Design-to-Production“-Prozesskette
Digitale Transformation in der Fertigung

Der Begriff „Experience Economy“ wirkt sehr aktuell, stammt aber in Wahrheit vom Ende der 1990er Jahre. Die beiden Autoren Joseph Pine II und James Gilmore stellten in einem Beitrag für Harvard Business Review 1998 die These auf, dass Konsumenten und Kunden reine Produktmerkmale immer weniger als differenzierend wahrnehmen und daher auch nicht notwendigerweise bereit sind, für vermeintliche Unterschiede in den Produkteigenschaften einen höheren Preis zu bezahlen.
Sentiment statt Ratio: Das Erleben steuert die Kaufentscheidung
Differenzierend seien hingegen vor allem die positiven persönlichen Erfahrungen, die ein Kunde mit einem Produkt, einer Dienstleistung oder einer Kombination aus beiden verbindet.
Dies ist im Prinzip die Steigerung von Produktwahrnehmungen, die bloß mit spezifischen, jedoch leidenschaftslosen Dienstleistungen verknüpft sind, hin zu echter Emotionalität. Nur wenn es gelingt, Menschen wirklich zu berühren, können diese zu nachhaltig zufriedenen und langfristigen Kunden gemacht werden.
Es gibt zahlreiche Unternehmen, die diese Idee konsequent umgesetzt haben. Ein legendäres Erfolgsbeispiel ist Starbucks. Der Firmengründer Howard Schultz hatte die Vision, den Kunden ein Gesamterlebnis zu bieten, das die diversen Kaffee-Variationen in edel designten Läden mit passender Hintergrund-Musik inszeniert. Nur Kaffee kochen können viele. Starbucks holt die Kunden auf emotionaler Ebene ab.
Experience Economy in der 5G-Ära
Die Aufgabe, sich als Unternehmen mit dem Phänomen zu beschäftigen, ist heute so aktuell wie vor 20 Jahren. Wobei sich mit der Digitalisierung ganz neue Möglichkeiten ergeben, die Wahrnehmung des Kunden zu erfassen und zu gestalten. In Zeiten der Plattformökonomie ist das Management von Kundenerlebnissen ein geschäftswichtiges IT-Thema, wie zum Beispiel die Positionierung von SAP zeigt.
Welche Auswirkungen hat dieser Trend nun auf den Produktentstehungsprozess und die Produktion? Emotionalität entsteht nicht (oder nur bedingt) durch Einförmigkeit und Stillstand. Ein Unternehmen braucht als Basis für eine erfolgreiche, auf breiter Ebene wirkende emotionale Markenbindung eine vielfältige, sich stetig wandelnde Produktpalette, die von den Kunden gemäß ihren eigenen Vorstellungen, Bedürfnissen oder Erfordernissen konfiguriert werden kann.
Maße, Materialien, Funktionen: Wie lässt sich Varianten-Management noch beherrschen?
Dies führt tendenziell zu einer stetig wachsenden Variantenvielfalt und zu immer kürzeren Produktzyklen. Innovationen und Neuerungen bestimmen das Marktangebot. Das gilt für Verbrauchsgüter wie Computer, Mobiltelefone und Autos gleichermaßen. Bei Fernsehern vergehen heute teilweise weniger als 6 Monate, bis eine neue Generation auf den Markt kommt. Bei Computern sind es nur noch drei bis vier Monate, bis neue Modelle erscheinen.
Um dieser Komplexität in wirtschaftlicher Weise gerecht werden zu können, besteht in der diskreten Fertigungsindustrie die Erfordernis, die Produktionsanlagen für die einzelnen Produkt-Komponenten möglichst variabel auszulegen. Denn die Variantenvielfalt führt zu sinkenden Losgrößen, will man grundlegende Prämissen des Lean Manufacturing mit sauber synchronisierten Materialflüssen und niedrigen Beständen nicht in einem Maße verletzen, dass grundlegende Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit drohen.
Zur Erreichung dieser Anforderungen werden in der Produktion zunehmend Roboter eingesetzt. Ihre individuelle Programmierung macht sie flexibel für unterschiedliche Teile oder diverse Handlings-Aufgaben einsetzbar. Und dies, ohne zu übermüden oder zeitlich schwankende Arbeitsqualität abzuliefern.
Managementaufgabe: Prozesse übergreifend betrachten
Es ist offensichtlich, dass die Zeiten der Arbeitsvorbereitung für die Roboterzellen (inklusive Programmierung) möglichst gering ausfallen müssen, damit beim Teilewechseln auf einer Anlage keine unnötigen Verzögerungen entstehen, die letztendlich zum Verlust wertvoller Produktionskapazität führen.
Die Roboter sollten zunächst einmal offline programmiert werden – dafür gibt es bewährte Lösungen – manuelles Teachen an der Anlage sollte heute nur noch erfolgen, wo es tatsächlich erforderlich ist.
Es genügt jedoch nicht, sich erst mit der Programmierung der Roboter zu beschäftigen. Die arbeitsvorbereitenden Maßnahmen umfassen schließlich Aktivitäten, die zuvor von anderen Abteilungen beigesteuert werden.
Hierzu zählt vor allem die Konstruktion, die das herzustellende Teil zunächst grundlegend im Hinblick auf die bestehenden technischen Anforderungen – nebst Produzierbarkeit – zu entwerfen und auszulegen hat.
Für die Effizienz und Geschwindigkeit des Gesamtprozesses, in der weiteren Folge als „Design-to-Production“ bezeichnet, ist nun von entscheidender Bedeutung, in welcher Form der Arbeitsvorbereitung von der Konstruktion die grundlegenden Informationen für die Programmierung zur Verfügung gestellt werden.
Wenn von der Konstruktion lediglich eine 3D-Geometrie ohne jegliche Fertigungsinformationen kommt, müssen die Anlagenprogrammierer diese zwingend erforderlichen Angaben in aufwändiger Art und Weise entweder selbst erzeugen oder das Bauteil muss in der Programmiersoftware online ‚geteacht‘ werden. Dieser Vorgang in der Software ist zwar effizienter als an der realen Anlage, jedoch ebenfalls fehleranfällig und langsam.
Eine Kernproblematik liegt darin, dass der erforderliche Zeitaufwand für die arbeitsvorbereitenden Maßnahmen bei einer Roboterzelle häufig die eigentliche Produktionszeit, die das Teil in der Anlage verbringt, deutlich übersteigt (Lesen Sie dazu auch unseren Use-Case aus dem Sonderfahrzeugbau).
Design-to-Production: Der optimierte Gesamtprozess bringt einen deutlich besseren RoI
Was folgt aus diesen Überlegungen? Eine nachhaltig erfolgreiche „Digitale Transformation“ kann nicht darin bestehen, lediglich punktuelle Verbesserungen vorzunehmen und einen einzigen Prozessschritt zu optimieren. Es geht darum, die gesamte Prozesskette zu betrachten und einen passenden Ansatz zu finden, der gezielt den gesamten Ablauf adressiert.
Und die damit verbundenen Investitionen sind gut angelegt. Zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit ist für die Bewertung der Habenseite lediglich auszurechnen, wieviel zusätzlichen Umsatz und Gewinn ein Unternehmen pro Zeiteinheit über x Prozent zusätzliche Produktivität erzielen kann. Diesem Wert sind dann die entstehenden Gesamtkosten über der Zeit gegenzurechnen.
Wer diesen Fragen im eigenen Unternehmen nachgeht, stößt nicht selten auf sehr eindrucksvolle Business Cases mit enormen Return-on-Investment-Dimensionen.
CENIT ist ideal aufgestellt, um Unternehmen auf ihrem Weg der digitalen Transformation fundiert zu begleiten. Unsere Gesamtkompetenz umfasst nicht nur die erforderliche IT-Expertise, sondern vor allem die für das Design eines funktionierenden Gesamtlösungsansatzes und des passenden Vorgehensmodells unerlässliche Erfahrung in den diversen Produktionsprozessen und -technologien.
Dadurch sind wir in der Lage, unsere Kunden auf Basis ihrer bestehenden IT-Bebauung über Beratungs- und Umsetzungsleistungen von Beginn an zu unterstützen. Und dies unabhängig davon, ob letztendlich ein Greenfield- Ansatz gewählt wird, der alles Vorhandene verwirft, oder ein Brownfield-Ansatz, der sich an Bestehendem orientiert und versucht, Werthaltiges der vorhandenen IT-Landschaft („Legacy System“) soweit wie möglich in die neue Lösung einfließen zu lassen.
Fazit: Besser aufgestellt für die Experience Economy und das Betriebsergebnis
Die „Experience Economy“ hat sich als Trend schon viele Jahre vor der Einführung des Smart-Phones manifestiert. In dieser Zeit spielte das Internet im Leben der meisten Kunden noch eine wesentlich unbedeutendere Rolle. Die sich heute mit zunehmend erscheinender Vehemenz aufbauende Digitalisierungswelle war damals ebenfalls noch kaum zu erahnen.
Insofern ist davon auszugehen, dass das Phänomen – losgelöst von der digitalen Transformation und davon initiierten weiterführenden gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen – auch in Zukunft bestehen bleibt.
Mit Blick auf die diskrete Fertigung lässt sich sagen, dass die nachhaltig erfolgreiche digitale Transformation der produktionsvorgelagerten „Design-to-Production“-Prozesskette der „Experience Economy“ direkt in die Karten spielt und zu einer intensivierten und beschleunigten Ausprägung führen kann.
Und diejenigen Unternehmen, die sich die Vorteile der digitalen Transformation mit dem richtigen Ansatz (und Partner) zu Nutze machen, bekommen neben einer besseren Bedienung der Kernmärkte und einer höheren Kundenzufriedenheit auch noch einen exzellenten Business Case.
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