Schwierige Rahmenbedingungen wie die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie, gestörte Lieferketten und Rohstoffknappheiten stellen Industrieunternehmen auf die Probe. Wie kann Industrial IoT am besten dabei helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen?
Die Daten müssen dorthin, wo Entscheidungen getroffen werden. Zu den Menschen und in die Business-IT-Systeme. Am besten natürlich über einen Datenbackbone, der als Single Source of Truth alle Perspektiven verbindet. Und kombiniert mit KI- beziehungsweise Machine-Learning-Applikationen, die als Relevanz-Filter für Effizienz beim Sichtbarmachen der Einzelereignisse sorgen.
Wer sich dieser Aufstellung annähert, kann Marktstörungen besser bewältigen, denn mit IIOT sind Entscheider nicht mehr auf Plandaten beschränkt, sondern erhalten Einblicke in die Ist-Situation.
Für das Management heißt das: proaktiv Lösungen identifizieren anstatt reaktiv Schaden beheben. Diese Resilienz wird die Wirtschaft zunehmend brauchen, denn geopolitische Krisen oder extreme Klimaereignisse können jederzeit Kettenreaktionen in globalen Wertschöpfungsnetzwerken auslösen.
Heute fehlt diese Handlungsfähigkeit oft selbst bei gravierenden Störungen. Denken Sie an den Chipmangel. Viele Industrieunternehmen – und das sind nicht nur Mittelständler – haben Nachholbedarf. Von der Logistik- und Supply-Chain-Branche hingegen kann man lernen.
Das gilt auch für die Nutzung von IIOT als Partner in einem „Industry Ecosystem“. Die Szenarien sind hoch attraktiv. Denken Sie an Push-Notifikation über ausbleibende Lieferungen mit Echtzeit-Details auf dem Business-Dashboard. Vor einem solchen automatisierten Datenaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg sind jedoch viele Fragestellungen zu klären.
Eine wichtige Voraussetzungen für die Umsetzung von IIoT ist auch der Wandel der Organisation und die interne Zusammenarbeit. Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht die IT/OT-Konvergenz und welche Tipps haben Sie, um diese zu erreichen?
Unser IIOT-Experten-Netzwerk sieht die IT/OT-Konvergenz mit dem heutigen Hard- und Software-Angebot in den meisten Fällen als technologisch erreichbar an. Zum „Intelligent Enterprise“ wird allerdings nur, wer motivierte Mitarbeiterinnen genauso gekonnt vernetzt wie die Daten.
In Kunden-Projekten erleben wir, wie leicht Ängste aufkommen: „Wie verändern sich meine Zuständigkeiten und Aufgaben? Was sagen die Daten über meine Leistung aus und wie gehen die Entscheider damit um?“
Gefragt sind folglich Transparenz, kontinuierliche und aktive Kommunikation sowie eine innovationsfreundliche Fehlerkultur. Wenn man sich gegenseitig und der Unternehmensleitung vertraut, gelingen Wissensaustausch und das Herantasten an neue Szenarien per „Trial and Error“.
Deswegen meine Empfehlung: die Soll-Situation des Projekts nicht allein technisch definieren, sondern auch als Zielbild für Change in der Organisation. Wie sieht eine Kollaboration aus, die zu einem produktiven Einsatz der neuen Datenintelligenz befähigt?
Technologisch ist die unternehmensweite Verpflichtung auf offene Industrie-Standards eine wichtige Maßgabe.
In einer Brownfield-Situation ist das ohnehin die einzig produktive Lösung. Und auch wenn Sie an Veränderungen wie neue Organisationseinheiten oder IT-Systeme denken – nur offene Standards sind zukunftssicher.
Dazu kommt, dass mit IIOT extrem vernetzte Systemlandschaften höchster Komplexität und mit riesigen Datenströmen entstehen. Standards stellen sicher, dass diese IT administrierbar bleibt.
Viele Unternehmen haben IIoT-Projekte gestartet, aber nicht alle führen zum Ziel. Welche Best Practices können Sie empfehlen, um die Steuerung und damit den langfristigen und wirtschaftlichen Erfolg von IIoT-Initiativen positiv zu beeinflussen?
Die IIOT-Projekte reihen sich in Initiativen zum Ausbau des Backbones und der Integration von Business-IT-Systemen für ERP und PLM ein. Damit am Ende alles zusammenpasst, muss die Geschäftsführung Treiber und Anlaufstelle der Veränderungen sein. Sie steht dafür, dass der Leitsatz „Think big, start small“ als Fahrplan der Digitalisierung eingehalten wird. Diese Rolle können weder einzelne Fachbereiche noch die IT-Abteilung übernehmen.
Vor dem Start gilt es zu klären, ob die Verwertung der Daten wirklich einen attraktiven Gegenwert erbringen kann. Denn wie alle Meilensteine der Digitalisierung sollten auch IIOT-Initiativen reale Mehrwerte stiften – mit der IT-Perspektive einwandfreier Funktionalität ist es nicht getan.
IDC erwartet in Zukunft eine zunehmende Zusammenarbeit und gemeinsame Geschäftsmodelle von verschiedenen Unternehmen in Industry Ecosystems – vor allem auch zwischen traditionell getrennten Branchen. Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen aus Ihrer Sicht schaffen, um Teil der zukünftigen Wertschöpfungssysteme zu sein?
In der externen Zusammenarbeit stellen sich ähnliche Fragen wie innerhalb meines Unternehmens.
Für welche Werte stehe ich und was macht für mich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aus? Wie gehe ich mit der Transparenz eines automatisierten Datenaustausches um?
Ich muss definieren, was in Zukunft meine „Intellectual Property“ ausmacht. Welche Informationen kann ich jederzeit austauschen und was muss auch dem besten Partner verborgen bleiben?
Der digitale Reifegrad misst sich eben nicht nur am Status der Technologie, sondern auch an der Digitalkultur und „Changefähigkeit“ der Organisation.
Auch die Zukunft verspricht noch einige Herausforderungen, beispielsweise hinsichtlich steigender Energiekosten, Nachhaltigkeit und Cybersecurity. Welche Rolle wird Industrial IoT für die Zukunft der Industrie spielen, welche technologischen Entwicklungen erwarten Sie und was streben Sie als Anbieter an?
IIOT kann einen bedeutenden Anteil an der Lösung von Zukunftsfragen haben, weil man kontinuierlich Einsicht in die Ist-Situation hat.
Denken Sie an Nachhaltigkeit. Ich kann den Energieverbrauch von Prozessen auswerten und optimieren. Ich kann die Ausschussrate in der Fertigung reduzieren und mich in Richtung von Zero-Waste-Konzepte entwickeln. Denn je früher ich von Problemen weiß, umso schneller kann ich gegensteuern. Darin werden Unternehmen immer besser unterstützt, weil sich die Kombination von IIOT mit KI-Anwendungen technologisch verbessert und Menschen von Routineaufgaben entlastet.
Wir bei CENIT unterstützen Unternehmen als Trusted Advisor auf diesem Weg, indem wir die digitalen Prozesse unserer Kunden beraten, optimieren, integrieren und managen.
Quelle: IDC Studie "IIoT-Projekte sicher und wirtschaftlich umsetzen".