Industrie 4.0 braucht Product Lifecycle Management 4.0
Horst Heckhorn, Business Development Executive

Die Beschreibungen der PLM- und „Industrie 4.0“-Zielsetzungen weisen viele Parallelen auf. Das ist kein Zufall, denn beide Strategien haben die Erhaltung bzw. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Fertigungsunternehmen zum Ziel. In beiden Strategien dient die digitale Transformation zur Optimierung von produktnahen Geschäftsprozessen. Beide Konzepte basieren auf der vollständigen digitalen Beschreibung des Produkts und seiner Umgebung.
In der Praxis wurde PLM bisher oft als reines Engineering-Thema betrachtet. Die Entwicklungs- und Konstruktionsbereiche haben dementsprechend – unterstützt von der IT – Implementierungen mit hoher Priorität auf Engineering-Themen vorangetrieben.
Der ursprüngliche PLM-Grundgedanke – die Unterstützung von Produktentstehungs-, Änderungs- und Serviceprozessen mit einem durchgängigen Produkt-Daten-Management über den gesamten Produkt-Lebenszyklus – ist zwar oft in der Strategie angelegt aber selten umgesetzt.
Wenn in diesem Artikel von PLM 4.0 die Rede ist, meint der Begriff eine Plattform mit allen Funktionalitäten zur umfassenden Digitalisierung des Produkts. Im Kern geht es darum, produkt- und prozessbezogene Daten zu verwalten und den Prozessbeteiligten am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, in der richtigen Version und im richtigen Format zur Verfügung zu stellen. PLM 4.0 hat das Potential die Prozessqualität zu steigern, die Prozesssicherheit zu erhöhen, Prozesskosten zu senken und Prozesszeiten zu verringern.
Industrie 4.0 braucht PLM 4.0
Im Zuge visionärer Konzepte zur digitalen Vernetzung, die weltweit mit Hochdruck betrieben und für die Deutschland den Begriff Industrie 4.0 geprägt hat, werden digitale Informationen über ein Produkt mit seinen physikalischen Eigenschaften sowie allen Informationen über seine Herstellung und Verwendung genutzt, um die sogenannte Smart Factory zu realisieren.
Wenn die Smart Factory nur aus der Perspektive der Produktion betrachtet wird, fehlen wichtige Abschnitte des Produktlebenszyklus im Vorfeld und Nachgang der Produktion. Deshalb gibt es die Forderung des Arbeitskreises Industrie 4.0 nach einem „digitalen Engineering über den gesamten Produktlebenszyklus“ als Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung einer „Industrie 4.0“-Strategie. Hier leistet PLM 4.0 als Träger des digitalen Engineerings einen wesentlichen Beitrag für die autonome Produktion, die ein Kernziel von Industrie 4.0 darstellt.
PLM 4.0 bietet viel mehr als das Einsammeln der CAx Engineering Daten und das Steuern der Freigabeprozesse in der Entwicklung und Konstruktion. Als virtuelle Produktplattform begleitet PLM 4.0 ein Produkt über seinen kompletten Lebenszyklus – in einer modernen Up-Cycling-Industrie also im ewigen Kreislauf des Product-Uplifts – und unterstützt alle digitalen Prozesse rund um das Produkt und seine Umgebung.
Langfristig wird für die Steuerung der Smart Factory ein „digitaler Schatten“ der realen Fabrik notwendig sein, der jederzeit den aktuellen Zustand der Fabrik widerspiegelt. PLM 4.0 verbindet als Integrationsplattform die reale mit der virtuellen Fabrik. Durch die nahtlose Integration der Autorensysteme bietet PLM 4.0 eine effiziente Arbeitsumgebung für die Ingenieure, die schnellstmöglich auf veränderte Anforderungen reagieren und mit hoher Qualität effiziente Lösungen entwickeln möchten. Die aufwendig erstellten Simulationsmodelle der Digitalen Fabrik können in einer inte¬grierten „PLM 4.0“-Plattform nicht nur für die Planung der Fabrik im Vorfeld, sondern auch für die permanente Steuerung der Fabrik eingesetzt werden, wenn der digitale Schatten in der richtigen Form verfügbar ist.
Im „Industrie 4.0“-Kontext stellt PLM 4.0 damit die ideale Ergänzung zum ERP- und MES-System eines Fertigungsunternehmens dar, weil es deren Funktionalitäten als Unternehmensplattform für die durchgängige Verwaltung und Bereitstellung aller produktrelevanten Daten vervollständigt.
Fazit
Die flexible Fertigung kleinster Losgrößen zu wettbewerbsfähigen Kosten benötigt genauso ein durchgängiges digitales Datenmanagement ohne Systembrüche wie die permanente Produktverbesserung durch die Analyse des Produkteinsatzes beim Endkunden oder die präventive Wartung zur Vermeidung von Ausfallzeiten. Für diese Durchgängigkeit digitaler Prozesse innerhalb eines Wertschöpfungsnetzwerks spielt eine leistungsfähige PLM-Plattform eine genauso zentrale Rolle wie das ERP- oder MES-System. Die geringe Integration der Engineering-Bereiche mit den anderen Unternehmensfunktionen ist langfristig für die Umsetzung der „Industrie 4.0“-Konzepte genauso inakzeptabel wie die kaum ausgeprägte Nutzung des PLM „Datenreichtums“ für die wertschöpfenden Prozesse.
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